DER WUTBÜRGER oder: Die Anlaßgesetzgebung
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DER WUTBÜRGER oder: Die Anlaßgesetzgebung



Wenn es rauscht im Blätterwald,
der Zorn der Bürger widerhallt,
geht es dann gar nicht lange her:
ja! - ein Gesetz, ein neu‘s, muss her.

Millionen rannen jüngst ins Grab,
an Geld, das‘s Volk dem Staate gab.
Natürlich muss man das verbieten,
durch Paragraphen Halt gebieten.

Anfüttern, Bestechung , Lobbyismus -
auch da natürlich man was tun muss.
Moralausbildung wird erfunden,
die Bess‘rung ans Gesetz gebunden.

Ein Neuling forsch am Steuer sitzt,
er mutig durch die Kurven blitzt.
Wenn er die Leute niedermäht -
ein Blatt Gesetz kommt nie zu spät.

Dem Bürger steigt die Wut empor,
er kommt sich vor, er sei ein Tor.
Flugs reagiert die Obrigkeit
und hat gleich ein Gesetz bereit.

Doch überlegen wir mal kurz:
Gesetze sind ja nur ein Schurz,
um dürftig Blößen zu bedecken -
nur: alles kann man nicht verstecken.

Beim Denken kommt man zu dem Schluss,
dass tiefer man hier graben muss.
Was löst das aus, das Leid und Gift,
den Hohn, der dich und mich hier trifft?

Es ist der Mensch in seinem Wesen
noch nie ein‘s der Kultur gewesen.
Die Technik machte Riesenschritt‘
Doch Herz und Seel‘ blieb da zurück.

Wer nah ist der gefüllten Schüssel
verliert Charakter und Gewissen.
Denn willst Du einen Mensch durchschauen,
musst Du ihn nur mit Macht betrauen.

Solange Gier nach Macht und Geld
bestimmend ist auf dieser Welt,
solange wird‘s Betrog‘ne geben.
Gesetze werden das nicht heben.

Ich bin da leider Pessimist.
Das Triste an der Sache ist -
ich kann das alles kaum verwinden:
Der Wolf im Mensch wird nicht verschwinden.


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